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Mittwoch, 21. Mai 2014

Vorsicht, Wurstbrötchen

http://www.fr-online.de/panorama/bakterien-vorsicht--wurstbroetchen,1472782,27190098.html

BAKTERIENVorsicht, Wurstbrötchen

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Mahlzeit: In acht von 36 untersuchten Mettwürsten, Hackepeter-Zubereitungen und Zwiebelmettwürsten fanden sich Salmonellen, Klebsiellen oder Bakterien der Gattung Escherichia Coli. Foto: Imago
In vielen Rohwürsten finden sich Bakterien, die gegen Antibiotika unempfindlich sind. Verantwortlich ist die Massentierhaltung. Das fördert das Entstehen von Resistenzen, die für den Menschen lebensbedrohlich werden können.
Jedes Jahr fallen in Deutschland rund 30.000 Menschen Krankheitserregern zum Opfer, gegen die kein pharmazeutisches Kraut mehr gewachsen ist. Die Zahl der Toten durch antibiotika-resistente Keime übertrifft damit die der Verkehrsopfer um das Zehnfache. Infektionsorte Nummer eins sind Krankenhäuser, in denen naturgemäß viele Antibiotika zum Einsatz kommen und Mikroorganismen reichlich Gelegenheit bieten, Widerstandskraft gegen die Medikamente zu entwickeln. Als zweitbestes „Trainingsgelände“ für Bakterien, Salmonellen und Co. haben sich Mastbetriebe etabliert, da auch in der Massentierhaltung Antibiotika in großen Mengen zum Einsatz kommen. Als ebenso unappetitliche wie gesundheitlich bedenkliche Folge enthalten viele Rohwurstprodukte multiresistente Erreger.
Die Bundestagsfraktion der Grünen hatte bereits im Dezember 2012 eine Untersuchung von Mettbrötchen aus Bäckereien und Discountern in zehn deutschen Städten in Auftrag gegeben. Damals konnte das Analyselabor Agrolab aus dem bayerischen Eching am Ammersee feststellen: 16 Prozent der insgesamt 50 untersuchten Proben enthielten antibiotikaresistente Keime. Nun haben die Grünen nachgelegt und erneut eine Untersuchung in Auftrag gegeben.
Das Ergebnis zeigt keine Verbesserung: Das Analyselabor konnte in jeder sechsten Wurstprobe Keime nachweisen, denen Penicilline und andere Antibiotika nichts mehr anhaben können. Insgesamt untersuchten die Lebensmittelexperten 63 Stichproben, die zwischen dem 28. April und dem 2. Mai 2014 in deutschen Supermärkten gekauft worden waren. Je zwei Erzeugnisse stammten aus Mainz und Potsdam, je eines aus Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Erfurt, Hamburg, Hannover, Kiel, Leipzig, Mainz, Münster, Saarbrücken und Wiesbaden. Von den zehn Wurstproben, an denen das Labor eine Besiedlung mit antibiotika-resistenten Keimen feststellte, waren auffallend viele Mettprodukte betroffen.
Die Entwicklung von Resistenzen ist programmiert: Dumpingpreise sind nur durch Massentierhaltung möglich - inklusive der massenhaften Gabe von Antibiotika. Foto: rtr
In acht von 36 untersuchten Mettwürsten, Hackepeter-Zubereitungen und Zwiebelmettwürsten fanden sich Salmonellen, Klebsiellen oder Bakterien der Gattung Escherichia Coli. Einen geradezu abenteuerlichen Anteil wiesen Mettwurstzubereitungen aus Putenfleisch auf: Sechs von neun Proben waren von den Erregern besiedelt.
Das Putenbeispiel belegt den engen Zusammenhang zwischen Massentierhaltung, Antibiotikaeinsatz und dem Entstehen resistenter Erreger. Das einst in Deutschland eher ungewohnte Putenfleisch hat in den vergangenen Jahren einen zweifelhaften Siegeszug angetreten und ist heute aus keinem Kühlregal mehr wegzudenken. Kilopreise von unter fünf Euro sind keine Seltenheit.
Möglich werden solche Dumpingangebote durch kostensparende Massentierhaltung, in der spezielle Züchtungen mit extrem hohem Brustfleischanteil binnen weniger Wochen zur Schlachtreife gemästet werden. Die Tiere leben auf engstem Raum inmitten ihrer Exkremente, sind kaum noch zu normalen Bewegungsabläufen fähig, verfügen über keine natürliche Immunabwehr mehr, sind extrem anfällig für Entzündungen und Infektionen und werden daher massenhaft mit Antibiotika versorgt.
Damit ist die Entwicklung von Resistenzen programmiert. Das Bundesinstitut für Risikobewertung BfR stellte bereits Ende 2011 fest, dass sogenannte ESBL-Bakterien, die über Enzyme zum Antibiotika-Abbau verfügen, besonders in der Geflügelzucht auf dem Vormarsch seien: „Resistenzen gegen wichtige antimikrobiell wirksame Substanzen haben deutlich zugenommen.“ Nicht allein Tests in Deutschland, auch Untersuchungen in Frankreich, Dänemark und den Niederlanden hätten „insbesondere in Geflügel-Isolaten eine stetige Resistenzzunahme“ ergeben.
Von der Tierhaltung gehe ein Gesundheitsrisiko für den Menschen aus, warnte das BfR und sprach von einer besorgniserregenden Entwicklung.

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