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23.05.2014, 15:25 Uhr
Drei Jahre nach dem EHEC-Ausbruch - eine Retrospektive
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Schuld an der Übelkeit, den Bauchschmerzen und dem Durchfall haben die enterohämorrhagische Escherichia coli, kurz: EHEC. Eigentlich ist das Escherichia coli ein harmloses Bakterium, das in unserem Darm lebt. Doch es kann zu Infektionen kommen, wenn der Keim in andere Teile des Körpers gelangt. Bestimmte E. coli-Stämme können auch Giftstoffe produzieren, wie das Shigatoxin, welches die Darmerkrankungen auslöst. Zum ersten Mal für Schlagzeilen sorgte EHEC in den Vereinigten Staaten.
EHEC – Ein Kreuzzug durch die Welt
EHEC – Ein Kreuzzug durch die Welt
Bei der Epidemie 1982 in den USA erkrankten 47 Kunden der Fastfood-Kette McDonald's. Wissenschaftler machten damals unzureichend durchgebratenes Fleisch als Überträger aus. 1985 kam es zu einem weiteren Ausbruch des Erregers in Kanada. 73 Menschen erkrankten, 19 Menschen überlebten die Infektion nicht, die Ursache blieb im Verborgenen.
Die bislang grösste Epidemie traf 1996 Japan: Laut verschiedenen Medienberichten hatten sich zwischen 6.000 und 12.000 Menschen mit dem gefährlichen Erreger angesteckt, 11 Menschen starben. Als Überträger wurden Rettich-Sprossen ausgemacht, die bei der Düngung verunreinigt worden waren. Im selben Jahr infizierten sich rund 400 bis 500 Menschen in Schottland mit EHEC, 19 Betroffene überlebten die Krankheit nicht. Der Überträger konnte dabei allerdings nicht ausgemacht werden.
Im Jahr 2000 kam es laut einem Bericht des Helmholtz Zentrums München im kanadischen Walkerton zu einem Ausbruch mit 6.000 Betroffenen, von denen 18 Personen starben. In diesem Fall hatten sich die Patienten über verseuchtes Trinkwasser mit EHEC angesteckt
EHEC in Deutschland
Doch nicht nur das Ausland wurde von dem Darmkeim immer wieder heimgesucht, auch in Deutschland flackerte die Infektion in der Vergangenheit öfter auf. So trat der EHEC-Erreger bereits 1988 in Bayern in Erscheinung und betraf vor allem Kinder. 1995/96 kam es in dem Bundesland erneut zu einem Ausbruch, wieder waren Kinder betroffen. Eine gemeinsame Übertragungsquelle wurde nicht entdeckt. 1999 fanden Forscher allerdings bei einem infizierten Kind den Hinweis auf eine mögliche Quelle: Der Junge hatte vor der Erkrankung die Pferde eines Nachbarn gestreichelt. Bei einer Untersuchung konnte das Bakterium im Kot der Tiere nachgewiesen werden.
2001 tauchte EHEC erstmals in mehreren Bundesländern gleichzeitig auf. Betroffen waren Kranken- und Kindereinrichtungen. Zwar vermuteten Forscher schon damals die Übertragung durch ein Lebensmittel, eine genaue Zuordnung auf ein bestimmtes Produkt blieb allerdings erfolglos. Ebenfalls im Dunkeln tappten die Wissenschaftler 2002, als ein erneuter Ausbruch unter Kindern in Bayern und Niedersachsen ein Todesopfer forderte, und auch 2003, als sich 48 Menschen in Süddeutschland infizierten, wovon sechs Patienten die Erkrankung nicht überlebten.
Erst bei einer EHEC-Erkrankungswelle in einem niedersächsischen Ferienlager 2006 konnte wieder eine Ursache ermittelt werden: 110 Kinder und zehn Betreuer hatten vor dem Ausbruch der Krankheit Rohmilch von einem nahegelegenen Bauernhof getrunken.
Im Mai 2011 kam es dann zu der grössten EHEC-Epidemie. 3.842 Menschen steckten sich mit dem Darmkeim an. 855 davon entwickelten das sogenannte hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), das Blutarmut und Nierenversagen auslösen kann. Schuld an dem Ganzen sollten zunächst spanische Gurken sein, die das Bakterium übertrugen. Der Verdacht bestätigte sich nicht. Die damaligen Ermittler machten schliesslich Sprossen von einem Biohof im niedersächsischen Bienenbüttel als Ursache der Epidemie fest.
Offene Fragen
Jedoch sind bis heute noch Fragen offen: nach dem erklärten Ende der Epidemie durch das Robert-Koch-Institut Ende Juli 2011 recherchierte Foodwatch weiter. Die Verbraucherschutzorganisation kam in ihrem Bericht "Im Bockshorn" zu einem überraschenden Ergebnis: "Der EHEC-Ausbruch 2011 ist nicht aufgeklärt, für Herkunft und Ausbreitung des Erregers gibt es keine überzeugende Erklärung." So sei auch nur rund ein Zehntel der Erkrankungen auf den Verzehr der Sprossen zurückzuführen.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz in Braunschweig gab damals eine allgemeine Warnung vor dem Verzehr von Sprossen aus, zum Nachteil des Sprossenhersteller Deiters & Florin, der einen gravierenden Umsatzeinbruch erfuhr. Eine aktuelle Klage des Betriebs auf Schadenersatz wies das Landgericht Braunschweig am 20.05.2014 ab. Die Begründung: Die Verbraucherbelange müssten in dem Einzelfall höher bewertet werden. Somit sei die Verbraucherwarnung berechtigt gewesen.
Eines bleiben die Behörden den Verbrauchern dennoch schuldig: eine umfassende Aufklärung der Vorkommnisse, die drei Jahre später die Epidemie hinreichend erklären könnte. (jbe)
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