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15.11.2013 · 16:35 Uhr
Evolution kennt keine Grenzen
E.coli-Bakterien werden im Experiment immer fitter
Von Lucian Haas
Mikrobiologie. - Die Evolution scheint keine Grenze zu kennen, zumindest auf Ebene von Bakterienkulturen. Der US-Biologe Richard Lenski betreibt seit 25 Jahren ein Langzeitexperiment mit E.coli-Bakterien, und eine Hochrechnung auf Basis der inzwischen mehr als 50.000 Bakteriengenerationen zeigt, dass die Einzeller sich auch nach einer Million Jahren weiterentwickeln würden.
Evolutionsforscher haben ein Problem. Die Zeiträume, in denen sich Evolution normalerweise abspielt, gehen weit über ein Forscherleben hinaus. Eigene Experimente als Quelle neuer Erkenntnisse sind da kaum möglich. Es sei denn, man wendet sich Bakterien zu.
"Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die es interessant machen, die Evolution von Bakterien zu untersuchen. Zum Beispiel vermehren sich Bakterien so schnell, dass man der Evolution gewissermaßen bei der Arbeit zuschauen kann. Eine weitere bestechende Eigenschaft von Bakterien ist, dass man sie einfrieren und später wieder zum Leben erwecken kann. So können wir Organismen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten lebten, direkt miteinander vergleichen."
Richard Lenski ist Evolutionsforscher an der Michigan State University. In seinem Labor läuft seit 25 Jahren ein einzigartiges Experiment. Zwölf Populationen von Escherichia coli Bakterien gedeihen dort in kleinen Brutgefäßen. Etwa fünf bis sechs neue Generationen jeder Population wachsen pro Tag heran. Sie bekommen nur Glucose als Nährstoff, allerdings so wenig davon, dass sie im übertragenen Sinn ständig Hunger leiden. Jeden Tag wird ein Teil der Bakterien, die sich trotz des Energiemangels am besten vermehrt haben, in neue Gefäße mit frischer Nährstofflösung übertragen. Auf diese Weise betreibt Richard Lenski eine künstliche Selektion. Eine der Fragen dabei ist: Wie lange wird es - unter diesen konstanten Rahmenbedingungen - noch evolutionäre Fortschritte in der Fitness der Bakterien geben?
"Wenn Sie den meisten Evolutionsbiologen, mich eingeschlossen, diese Frage vor zehn oder 15 Jahren gestellt hätten, wäre die Antwort gewesen: Die Bakterien werden sich eine Weile anpassen. Aber dann, weil ihre Umwelt sich ja nicht verändert, wird ihre Fitness eine Art Plateau erreichen, wo es keine Steigerung mehr gibt."
Diese frühere Einschätzung hat Richard Lenski nun mit seinem eigenen Experiment widerlegt. Nach 25 Jahren und über 50.000 Generationen steigt die Fitness der E.coli-Bakterien immer noch an. Mitarbeiter Lenskis machten Wachstumsversuche, bei denen sie jeweils jüngere Bakteriengenerationen auf Nährböden direkt gegen ihre zwischenzeitlich tiefgefrorenen Vorfahren antreten ließen. Stets zeigte sich, dass im Zuge der Evolution spätere Bakteriengenerationen besser mit dem Nährstoffmangel zurechtkamen. Anfangs waren die Fortschritte größer und wurden dann mit den Jahren immer kleiner. Doch aus den Daten lässt sich eine mathematische Exponentialfunktion ableiten. Sie zeigt: Auch in Zukunft ist kein Ende dieser Entwicklung in Sicht. Lenski:
"Das Interessante dabei ist: Die Funktion macht eine Vorhersage, dass die Bakterien in einer Million Jahren - wenn man das Experiment so lange fortsetzen würde - in etwa eine Wachstumsrate erreichen, wie sie heutige Bakterien unter sehr nährstoffreichen Bedingungen zeigen. Sie liefert also keine völlig absurden Prognosen. Das zeigt uns, dass es selbst in einer konstanten Umwelt einen endlosen Spielraum für die Organismen gibt, sich in kleinen Schritten immer besser daran anzupassen."
Ganz ähnliches ließe sich auch über die Arbeit des heute 57-jährigen Richard Lenski sagen. 25 Jahre tagein-tagaus immer der gleiche Versuch - da könnte man mit der Zeit weitere Forschungsfortschritte bezweifeln. Doch der beharrliche Biologe nennt gute Gründe, warum er auch die nächsten zehn Jahre noch mit seinem Experiment weitermachen will.
"Dieses Langzeitexperiment bleibt spannend. Natürlich wiederholt sich vieles. Aber die Fragen, die wir damit angehen, verändern sich. Als wir 1988 begannen, hatte noch nie jemand ein Bakteriengenom sequenziert. Vor einem Jahrzehnt kostete es noch eine Million Dollar, die DNA von nur einem Bakterienstamm zu entschlüsseln. Heute können wir uns dank neuer Technologien routinemäßig die feinen Details der Evolution der Bakterien auf genetischer Ebene anschauen. Die Art der Forschung die wir hier betreiben, die Fragen die wir mit diesem Experiment beantworten können, verändern sich und bleiben interessant."
"Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die es interessant machen, die Evolution von Bakterien zu untersuchen. Zum Beispiel vermehren sich Bakterien so schnell, dass man der Evolution gewissermaßen bei der Arbeit zuschauen kann. Eine weitere bestechende Eigenschaft von Bakterien ist, dass man sie einfrieren und später wieder zum Leben erwecken kann. So können wir Organismen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten lebten, direkt miteinander vergleichen."
Richard Lenski ist Evolutionsforscher an der Michigan State University. In seinem Labor läuft seit 25 Jahren ein einzigartiges Experiment. Zwölf Populationen von Escherichia coli Bakterien gedeihen dort in kleinen Brutgefäßen. Etwa fünf bis sechs neue Generationen jeder Population wachsen pro Tag heran. Sie bekommen nur Glucose als Nährstoff, allerdings so wenig davon, dass sie im übertragenen Sinn ständig Hunger leiden. Jeden Tag wird ein Teil der Bakterien, die sich trotz des Energiemangels am besten vermehrt haben, in neue Gefäße mit frischer Nährstofflösung übertragen. Auf diese Weise betreibt Richard Lenski eine künstliche Selektion. Eine der Fragen dabei ist: Wie lange wird es - unter diesen konstanten Rahmenbedingungen - noch evolutionäre Fortschritte in der Fitness der Bakterien geben?
"Wenn Sie den meisten Evolutionsbiologen, mich eingeschlossen, diese Frage vor zehn oder 15 Jahren gestellt hätten, wäre die Antwort gewesen: Die Bakterien werden sich eine Weile anpassen. Aber dann, weil ihre Umwelt sich ja nicht verändert, wird ihre Fitness eine Art Plateau erreichen, wo es keine Steigerung mehr gibt."
Diese frühere Einschätzung hat Richard Lenski nun mit seinem eigenen Experiment widerlegt. Nach 25 Jahren und über 50.000 Generationen steigt die Fitness der E.coli-Bakterien immer noch an. Mitarbeiter Lenskis machten Wachstumsversuche, bei denen sie jeweils jüngere Bakteriengenerationen auf Nährböden direkt gegen ihre zwischenzeitlich tiefgefrorenen Vorfahren antreten ließen. Stets zeigte sich, dass im Zuge der Evolution spätere Bakteriengenerationen besser mit dem Nährstoffmangel zurechtkamen. Anfangs waren die Fortschritte größer und wurden dann mit den Jahren immer kleiner. Doch aus den Daten lässt sich eine mathematische Exponentialfunktion ableiten. Sie zeigt: Auch in Zukunft ist kein Ende dieser Entwicklung in Sicht. Lenski:
"Das Interessante dabei ist: Die Funktion macht eine Vorhersage, dass die Bakterien in einer Million Jahren - wenn man das Experiment so lange fortsetzen würde - in etwa eine Wachstumsrate erreichen, wie sie heutige Bakterien unter sehr nährstoffreichen Bedingungen zeigen. Sie liefert also keine völlig absurden Prognosen. Das zeigt uns, dass es selbst in einer konstanten Umwelt einen endlosen Spielraum für die Organismen gibt, sich in kleinen Schritten immer besser daran anzupassen."
Ganz ähnliches ließe sich auch über die Arbeit des heute 57-jährigen Richard Lenski sagen. 25 Jahre tagein-tagaus immer der gleiche Versuch - da könnte man mit der Zeit weitere Forschungsfortschritte bezweifeln. Doch der beharrliche Biologe nennt gute Gründe, warum er auch die nächsten zehn Jahre noch mit seinem Experiment weitermachen will.
"Dieses Langzeitexperiment bleibt spannend. Natürlich wiederholt sich vieles. Aber die Fragen, die wir damit angehen, verändern sich. Als wir 1988 begannen, hatte noch nie jemand ein Bakteriengenom sequenziert. Vor einem Jahrzehnt kostete es noch eine Million Dollar, die DNA von nur einem Bakterienstamm zu entschlüsseln. Heute können wir uns dank neuer Technologien routinemäßig die feinen Details der Evolution der Bakterien auf genetischer Ebene anschauen. Die Art der Forschung die wir hier betreiben, die Fragen die wir mit diesem Experiment beantworten können, verändern sich und bleiben interessant."